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Wiener Advokatengespräche - Geschichte der Europäischen Präsidentenkonferenz (EPK)

Am 1.2.1973 fand in den Räumlichkeiten der Rechtsanwaltskammer Wien die erste Europäische Präsidentenkonferenz der Anwaltsorganisationen statt – die Wiener Advokatengespräche. Damit wurde die stolze Tradition der bis heute durchgeführten Präsidentenkonferenzen in Wien begründet. Präsident Walter Schuppich hatte durch zahlreiche Reisen im Rahmen der Österreichischen Juristenkommission in die damaligen Ostblock-Staaten erste Kontakte zu den Anwaltsorganisationen hinter dem Eisernen Vorhang geknüpft. Andererseits konnte die österreichische Advokatur an jahrzehntelange traditionelle Verbindungen zu den Anwaltschaften der westlichen Länder anknüpfen.

In diesem Umfeld baute Präsident Schuppich systematisch die Europäische Präsidentenkonferenz in Wien zu einer europäisch und weltweit anerkannten und beliebten Institution aus. Zunächst ging es noch darum, die anwaltlichen Ansprechpartner in Ost und West zu erfassen. Dazu diente ein von Generalsekretär Hofrat Soukup zusammengestelltes, gedrucktes Verzeichnis der europäischen Rechtsanwaltskammern und Advokatenorganisationen in Europa, welches 1975 vorgelegt wurde. Von österreichischen Referenten vorgetragene Einleitungsreferate führten zu immer besser werdender Information über die Lage der Advokatur in den teilnehmenden Ländern. Richtlinien für den Substitutionsverkehr zwischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten waren eine erste Vorstufe zu den CCBE-Regeln.

1978 wurde von Präsident Armin Dietrich ein internationales Vollmachtsformular vorgelegt, zur 10. Europäischen Präsidentenkonferenz erschien eine Sammelmappe mit den gedruckten Tagungsergebnissen unter dem Titel „Die Advokatur in Europa“. Darin enthalten war ein Katalog über die Grundsätze der Prozessführung und des Kostenersatzes in den europäischen Ländern (Harald Foglar-Deinhardstein, Wrabetz), Anwaltssozietäten in Europa (Viktor Cerha) sowie ein beträchtlich erweitertes Verzeichnis der europäischen Rechtsanwaltskammern und Advokatenorganisationen (Stand 1982).

Die Konferenzen hatten zunächst im Sitzungssaal der Rechtsanwaltskammer Wien stattgefunden, mussten aber dann wegen der ständig wachsenden Teilnehmerzahl in zunächst wechselnde Konferenzräumlichkeiten übersiedeln (zB Palais Auersperg, Finanzministerium), schließlich erwies sich der restaurierte Festsaal des Palais Ferstel ab der 16. Konferenz im Jahre 1988 als der beste Tagungsraum, der bis heute beibehalten wurde. Einen festlichen Rahmen erhielt die 25. Europäische Präsidentenkonferenz durch einen ökumenischen Festgottesdienst in der Schottenkirche, zu dem die Delegierten in Talar und Robe erschienen. In einer Dokumentation wurde ein historischer Rückblick auf die bisherigen Tagungen gegeben.

Wie gefestigt die Tradition der Wiener Advokatengespräche war, erwies sich nach dem Fall des Eisernen Vorhanges. Obwohl damit endgültig Reisebehinderungen der Repräsentanten der Advokaturen aus den ehemaligen Ostblockstaaten gefallen waren und diese nun regelmäßig an den verschiedensten internationalen Tagungen teilnehmen konnten – vorher war das vielfach nur in Wien möglich –, blieb das Treffen in Wien ohne Konkurrenz und erhielt eine zusätzliche Aufwertung durch die jeweils im Vorfeld der EPK abgehaltene Sitzung der Delegationsführer des CCBE. Die traditionelle Teilnahme internationaler Organisationen, IBA, UIA, FBE und AIJA, erfuhr eine Erweiterung durch den Verband europäischer Rechtsanwaltskammern, der Association Europeene des Avocats, AEA, der Union des Avocats Europeene, UAE, der internationalen Vereinigung italienisch sprechender Juristen (AIGLE), der ESSEBA (Organisation der englisch sprechenden Sekretäre der europäischen Anwaltsorganisationen), DACH (Europäische Anwaltsvereinigung), World Peace Through Law Center und Gästen der American Bar Association und der Israel Bar Association. Schließlich bot der aus früheren Präsidenten, die besonders mit der EPK verbunden waren, gebildete Ständige Senat eine gute Gelegenheit, Kontakte und Freundschaften über Amtsperioden hinaus weiter zu pflegen und Erfahrungen weiterzugeben.

Ab 1993 trat ÖRAK-Präsident Dr. Klaus Hoffmann die Nachfolge des Gründers der EPK, Ehrenpräsident Walter Schuppich, an und setzte bruchlos die Tradition – allerdings mit neuen fachlichen Akzenten – fort. Die immer wieder umfangreicher werdende Organisation der Tagung lag bis 1990 in den Händen von Hofrat Soukup, von 1990 bis 1999 bei dem ihm nachfolgenden Generalsekretär Peter Wrabetz. Es folgten Monika Peschke, Alexander Christian, Silvia Tsorlinis und Bernhard Hruschka.

Zu der internationalen Dimension der Europäischen Präsidentenkonferenz trat in zunehmendem Maße die Darstellung der internationalen Position der österreichischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gegenüber der österreichischen Öffentlichkeit. Dies machen in besonderer Weise die Empfänge in der Präsidentschaftskanzlei deutlich. Bundespräsident Rudolf Kirchschläger hatte die Tradition dieser Einladungen begonnen, der auch seine Nachfolger Waldheim, Klestil und Fischer folgten. Bundeskanzler Kreisky ließ es sich nicht nehmen, persönlich als legendärer Gastgeber zu fungieren, seine Nachfolger konnten diesem Beispiel aus Zeitmangel immer weniger folgen. Überaus intensiv waren die Kontakte zu den jeweiligen Justizministerinnen und Justizministern, die bei den Festbanketten oder im Rahmen der Arbeitssitzung das Wort ergriffen, so Broda, Ofner, Foregger, Michalek, Böhmdorfer, Gastinger, Berger, Bandion-Ortner, Karl, Brandstetter, Moser und zuletzt zweimal Zadić. Jahrzehntelang wurde auch zu Empfängen in das Justizministerium geladen. Die hohe Beamtenschaft des Bundesministeriums für Justiz nahm regelmäßig an den Arbeitssitzungen teil. In den letzten Jahren konnten auch die Präsidenten der Höchstgerichte und der Oberlandesgerichte als Gäste begrüßt werden.

Die Bürgermeister der Stadt Wien waren Gastgeber der Begrüßungsabende, auch der Präsident des Nationalrates lud zum Empfang im Parlament ein. Auf diese Weise hatten die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer die Möglichkeit, Spitzen der Politik, der Justizverwaltung und der Gerichtsbarkeit kennen zu lernen, andererseits boten die Arbeitstagungen und die Kontakte zu den Gästen für die österreichischen Gastgeber die Chance, Einblicke in die Arbeit der Anwaltschaft in ganz Europa zu gewinnen.

Abschließend kann gesagt werden, dass die Europäische Präsidentenkonferenz in Wien einen erheblichen Beitrag zum Zusammenschluss der europäischen Anwaltschaften leistete, zunächst in der Vorbereitung des CCBE, in den späteren Jahren zur immer wichtiger werdenden Arbeit des CCBE, insbesondere auch zur Einbeziehung der Beitrittskandidaten, die ja schon längst zur Familie der Europäischen Präsidentenkonferenz gehört hatten.

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